Es gibt ein paar ganz einfache Regeln, mit denen wir die Überwachung
sabotieren können:
1. kein Smartphone verwenden (sondern einfache altmodische Handys, die
nichts können außer telefonieren (dazu ist schließlich ein Handy da...!!!)
Wer dennoch auf sein Smartphone nicht verzichten will, sollte jedenfalls
dieses so sparsam wie möglich verwenden. Beim Telefonieren mit Handy
sollte man wenn möglich Kopfhörer verwenden, da die Strahlung
gesundheitsschädigend ist (Stichwort: Gehirntumor)
2. Nicht Online Shoppen, sondern wenn möglich im Geschäft vor Ort
einkaufen...
3. Sich daran erinnern, dass das wahre Leben “analog” ist - daher unsere
sozialen Kontakte pflegen. Anstatt im Internet zu surfen, sollte man besser
Bücher lesen oder sonstige Hobbys ausüben, Entspannung und Bewegung
in der Natur suchen..
4. Besonders wichtig wäre es, dies auch unseren Kindern zu vermitteln
und vorzuleben. Jugendliche sollte man auf die großen Gefahren hinwei-
sen, die durch Facebook, Amazon u.Co und diverse Apps auf uns lauern.
5. Sich an Demonstrationen, Internetpetitionen, Bürgerbewegungen etc,
beteiligen oder selbst ins Leben rufen. Widerstand ist sicherlich am Wirk-
samsten, wenn sich viele zusammentun und sich gemeinsam engagieren.
Auch Vorträge und Informationskampagnen wären wichtig - vor allem in
Schulen oder auf Universitäten ....
Harald Welzer gibt in seinem Buch noch ausführlichere Anregungen zum
Widerstand:
1. Das Leben ist analog. Beziehungen sind analog, Empathie, Liebe, Hass,
Wut, Mitleid und Freude sind analog. Erinnern Sie sich stets daran, dass
Sie im Netz Hilfe nur in trivialen Fällen bekommen; wenn es hart auf hart
kommt, brauchen Sie richtige Menschen. Die da sind. Die mit Ihnen
gemeinsam etwas machen. Mit denen Sie gemeinsam etwas machen.
Lassen Sie sich nicht isolieren.
2. Handeln Sie politisch, solange es den gesellschaftlichen Raum dafür
gibt. Sichern und erweitern Sie diesen Raum, indem Sie politisch handeln.
Machen Sie es wie der österreichische Jurastudent Maximilian Schrems,
der so lange gegen den mangelnden Datenschutz bei Facebook geklagt
hat, bis schließlich der Europäische Gerichtshof im Oktober 2015 ein weg-
weisendes Urteil fällte, das die komplette Grundlage des transatlantischen
Datenaustauschs, das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen, für ungültig
erklärte. Damit ist dem ungehemmten Zugriff der NSA auf Unternehmens-
daten vorerst Einhalt geboten. Die Initiative dazu ging von einem einzel-
nen Bürger aus! Ähnlich war es mit den Urteilen gegen die Vorratsdaten-
speicherung und für ein Recht auf Vergessenwerden im Internet, beide
aus dem Jahr 2014. Das heißt: Die Interessen von Konzernen und Ge-
heimdiensten müssen sich nicht in Schicksal übersetzen, wenn Sie Ihre
Handlungsspielräume als Bürgerin und Bürger nutzen. Also tun Sie es!
3. Konsum von Produkten und Dienstleistungen ist die zentrale Daten-
quelle. Hören Sie schlicht und einfach auf, sich das, was Sie brauchen
oder zu brauchen glauben, online zu besorgen. Informieren Sie sich off-
line, vor allem: Kaufen Sie offline im stationären Einzelhandel ein, dort
werden Sie nicht überwacht. Und dieser Handel wird Intelligenz entwick-
eln, wenn Sie ihn unterstützen. Zum Beispiel so wie das Wiesbadener
"Kiezkaufhaus": Die Dinge, die man in einem der beteiligten Geschäfte
gekauft hat, werden per Fahrradkurier nach Hause geliefert. Das ist sau-
ber, bequem, emissions- und drohnenfrei und geht niemand etwas an.
4. Machen Sie mit bei einer kollektiven Update-Verweigerung. Hören Sie
auf, "Erleichterungen" und "Verbesserungen" zu akzeptieren, nach de-
nen Sie nie ein Bedürfnis gehabt haben. Derlei Dinge dienen dazu, Sie
besser ausnutzen zu können, zu nichts anderem. Weisen Sie das alles
zurück, auch die chronischen Angebote Ihres Kommunikationsdienst-
leisters, dass Sie das neueste Smartphone und so weiter bekommen kön-
nen. Sie wollten das vorher nicht, wieso also sollten Sie es wollen, nur
weil man es Ihnen anbietet?
5. Dasselbe gilt für alle Apps. Am besten schmeißen Sie Ihr Smartphone
überhaupt weg und besorgen sich – die gibt's noch für Rentner – gute alte
Handys, die nichts können. Es gibt auch jede Menge gebrauchte, noch
besser. Die ultimative Alternative ist das iStone, ein Stück Granit, geformt
wie ein iPhone. Das kann gar nichts. Perfekt.
6. Und jetzt die Umkehrung, da brauchen wir aber Hilfe von den Nerds
(den guten): Jeder Geheimdienst kollabiert, wenn er zu viele Daten hat.
Die Stasi etwa hat pausenlos ihre Datenmenge vergrößert, bis hin zur
Konservierung von Körpergeruchsproben in Einweckgläsern, wusste aber
nicht, wie um Himmels willen sie das alles hätte auswerten sollen. Bitte
entwickelt für alle Stellen, wo Daten und Metadaten geliefert werden,
Algorithmen, die die Menge dieser Daten exponentiell erhöhen und am
besten noch per Zufallsgenerator durcheinandermixen. Ein solcher Over-
flow müsste selbst die gigantischen Server der NSA überlaufen lassen und
die Informationen durch ihre schiere Menge unbrauchbar werden lassen.
Wir verhalten uns damit äußerst kooperativ, schließlich lautet die NSA-
Devise ja: Alles immer überall.
7. Man kann sich Browser-Erweiterungen wie DoNotTrackMe,
Disconnect.me oder Privacy Badger auf den Rechner laden, die alle das
Tracken und damit die Personalisierung verhindern. TrackMeNot stellt
unablässig Suchanfragen an alle gängigen Suchmaschinen, während man
seinen Computer benutzt, was ein ziemlich verwirrendes Persönlichkeits-
profil ergibt. Ergänzend klickt das Programm AdNauseam auf alle Werbe-
banner, die einem über den Weg laufen. (Lesen Sie das Buch "Obfus-
cation. A User's Guide for Privacy and Protest" von Finn Brunton und
Helen Nissenbaum, da findet sich noch viel mehr.)
8. Diese Strategie würde gleich auch das Geschäftsmodell aller Datenver-
käufer ruinieren: Denn wenn die Trendanalysen und Personalisierungen
auf falschen Daten basieren, sind sie ja nichts wert, und niemand wird für
sie bezahlen.
9. Critical Design zeigt Wege, wie man Überwachungstechniken unter-
läuft, zum Beispiel Gesichtserkennung durch Frisur und Make-up. Der
amerikanische Künstler Adam Harvey hat dafür Modelle entworfen (www.
cvdazzle.com), von denen man sich inspirieren lassen kann. Ebenso wie
von den Arbeiten der Designerin Simone C. Niquille, die den umgekehrten
Weg geht und T-Shirts entwirft, auf die Gesichter gedruckt sind (www.
technofle.sh). Weitere Inspiration findet sich auf dem Blog Camoupedia.
10. Und schließlich, für diejenigen mit ein wenig krimineller Energie: In
den USA gibt es bereits Bürgerwehren, die Drohnen abschießen, oder den
Wettbewerb Camover zur Zerstörung von Überwachungskameras. Mit ein
wenig Fantasie eröffnet sich ein ganzes Universum von Interventionen
vom Google-Glass-Brillen-Zertreten (ihre Träger heißen übrigens im
amerikanischen Volksmund "Glassholes") bis zum Hacken smarter
Häuser, in denen dann das Internet der Dinge hübsch verrückt spielt.
(S.279ff.*)
Gegen die smarte Diktatur, die digitale Entlebendigung, muss man das
analoge Leben setzen: Poesie, Musik, Sex, Liebe, alles, was das Leben
ausmacht, sind analog, und es gibt sie nur offline. Was man für Geld nicht
kaufen kann: gibt es nur offline. Was einem niemand wegnehmen kann:
gibt es nur offline. Freiheit: gibt es nur offline. Ach so: Intelligenz gibt es
auch nur offline. Im Netz gibt es bloß künstliche Intelligenz, und die eben
auch nur dann, wenn Strom da ist, der übrigens auch offline erzeugt wird.
Wie überhaupt alles, was man zum Leben braucht, offline existiert, wie die
Luft zum Atmen und Wasser zum Trinken, oder offline produziert wird,
wie Nahrung, Kleidung, Dächer über dem Kopf.
Übrigens haben die smarten Diktatoren das Geld, das sie online verdienen,
offline. Und die Macht, die sie im Netz akkumulieren, üben sie ebenfalls
auf das wirkliche Leben aus.
Das steht ihnen nicht zu. Macht hat immer zwei Seiten: Man kann sie nur
ausüben, wenn die Beherrschten zustimmen. Und hier ist dann Ende mit
der smarten Diktatur.