Als Kapitalismuskritik werden Ansichten und Theorien bezeichnet, die die
mit der Industrialisierung sich ausbreitende Wirtschaftsordnung, die auf Pri-
vateigentum, Marktwirtschaft, Kapitalakkumulation, abhängiger Lohnarbeit
und dem individuellen Gewinnstreben beruht, grundsätzlich oder in einzelnen
Aspekten kritisieren.
Kaum anders als der Kapitalismus selbst reicht die Geschichte der Kapitalis-
muskritik zurück bis ins 19. Jahrhundert. Die Kritik äußert sich an einzelnen
Elementen des Kapitalismus wie Geld- und Zinswirtschaft, Privateigentum an
Produktionsmitteln und Profitmaximierung sowie den ihnen zugeschriebenen
Konsequenzen wie Ausbeutung und Verelendung der arbeitenden Klasse.
Praktische Kapitalismuskritik kann sich im Aufbau genossenschaftlich orga-
nisierter Unternehmen und Banken oder alternativer Wirtschaftsbereiche äu-
ßern sowie in der Teil- oder Vollübernahme von einzelnen Wirtschaftssegmen-
ten durch Akteure, die weniger individuelles Gewinnstreben als am Gemein-
wohl orientierte Aufgaben und Ziele verfolgen.
Nach Edward P. Thompson können bereits die so genannten „Maschinen-
stürmer“ kapitalismuskritischen Strömungen zugerechnet werden. Mit der
Veränderung der Arbeitswelt durch die Industrialisierung kam es vor allem in
England (Luddismus), aber auch in anderen europäischen Ländern, zu Arbei-
terbewegungen, deren Zielsetzung die Erhaltung ihrer Lebensgrundlagen
darstellte. Dazu gehörte unter anderem die Zerstörung von Maschinen wie
auch der Zusammenschluss zu organisierten Interessenvertretungen, im
angelsächsischen Raum den "Guilds" als Vorläufern der modernen Gewerk-
schaften. Nach Eric Hobsbawm dokumentiere der Maschinensturm keine
Feindseligkeit der frühen Industriearbeiter gegen Maschinen als solche, viel-
mehr stelle er eine Rebellion gegen die Fabrikanten dar, die die Maschinen zur
intensiveren Ausbeutung und Disziplinierung der Arbeitenden einsetzten.
Die sozialistische Kapitalismuskritik geht ursprünglich von einer Entfremdung
durch die industrielle Revolution aus. Bereits die Utopischen Sozialisten wie
Charles Fourier kritisierten den Kapitalismus und entwarfen utopische Gegen-
modelle.
Fouriers Gegenspieler Robert Owen hingegen gilt als Begründer des Genos-
senschaftswesen und bemühte sich um praktische Lösungen für menschen-
würdigere Arbeitsbedingungen und Formen des Zusammenlebens etwa in der
von dem württembergischen Pietisten Johann Georg Rapp gegründeten Kom-
mune (New) Harmony.
Marxistisch inspirierte Kapitalismuskritik
Karl Marx und Friedrich Engels beschreiben die kapitalistische Gesellschaft als
Gesellschaft des Elends, der Ausbeutung und der Entfremdung. Das Manifest
der Kommunistischen Partei von 1848 sieht Globalisierung, Internationalisie-
rung und Verstädterung als positiv an. Es enthält aber die grundsätzliche Auf-
forderung, den Kapitalismus durch den Sozialismus bzw. Kommunismus abzu-
lösen, um die behaupteten Missstände zu beseitigen.
In seinen Frühschriften betont Marx besonders den Aspekt der Entfremdung.
Im Kapitalismus könne ein Lohnarbeiter ohne Eigentum an Produktionsmitteln
nicht frei über seine Arbeitskraft verfügen, sondern müsste sie nach den Vor-
gaben des Kapitalisten einsetzen, für den er arbeite. Der Kapitalismus sei eine
subtile Form der Knechtschaft, die sich auf eine scheinbare Freiheit stütze.
Formell seien in der kapitalistischen Gesellschaft alle Mitglieder frei und re-
chtsgleich, de facto aber könnten Lohnarbeiter nur wählen, an wen sie ihre
Arbeitskraft verkauften. Arbeit sei im Kapitalismus nicht eine Möglichkeit der
Selbstverwirklichung, sondern ihrem Wesen nach Zwangsarbeit.
In seinem späteren Werk, insbesondere in seinem Hauptwerk Das Kapital,
betont Marx vor allem den ausbeuterischen Charakter des Kapitalismus. Der
Kapitalist vermehre sein Kapital durch die Ausbeutung fremder Arbeitskraft, da
er dem Lohnarbeiter nur einen Teil des vom Arbeiter geschaffenen Wertes ver-
güte. Einen großen Teil des vom Arbeiter geschaffenen Wertes streiche der
Kapitalist dagegen als Mehrwert ein, aus dem er seinen Profit schöpfe. Statt
mit dem Fortschritt der Industrie seine Lage zu verbessern, werde der Arbeiter
so zum Pauper, es komme zu einer allgemeinen Verarmung. Nach Karl Marx ist
die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln die ökonomische
Voraussetzung der klassenlosen Gesellschaft.
„Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bour-
geoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente
in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Pro-
letariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst
rasch zu vermehren.“
Das ungelöste eschatologische Problem des Ausbleibens der Revolution
versuchten Rosa Luxemburg und Lenin unter Rückgriff auf die Phänomene
Imperialismus und Kolonialismus zu lösen. Nach diesen Thesen beuteten die
Zentren des Kapitalismus Rohstoffe und Menschen aus den kolonialen
Peripherien aus, ohne welche der Kapitalismus nicht würde fortbestehen
können.
Neomarxismus und Neue Linke
Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule, zu deren wichtigsten Vertretern
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Herbert Marcuse zählen, entwickelte
einen neuen Ansatz für eine Kapitalismuskritik (Neomarxismus). Die Kritische
Theorie übte großen Einfluss auf die internationale Studentenbewegung von
1968 aus. Diese bezog sowohl gegen den Kapitalismus als auch gegen den
Realsozialismus Stellung. In der Folgezeit der Studentenbewegung entstand in
den 1970ern in der Bundesrepublik Deutschland die vielschichtige, so genan-
nte Neue Linke. Diese Bewegung ist – neben anderen wie z. B. christlichen und
konservativen – eine der Wurzeln der Partei Bündnis 90/Die Grünen.
Teilweise wird auch die Terrororganisation RAF, die den Kapitalismus durch
einen revolutionären Befreiungskampf zu überwinden suchte, zur Neuen Lin-
ken gezählt. Ihre gewaltsamen Aktionen richteten sich gegen „Repräsentanten
des kapitalistischen westdeutschen Systems“. Weitere sozialistische Strömun-
gen dieser Zeit waren die so genannten K-Gruppen, die am Stalinismus, dem
Trotzkismus oder dem Maoismus ausgerichtet waren.
Wertkritik ist eine marxistische Strömung, die ausgehend von der Analyse der
gesellschaftsbestimmenden Rolle des „Werts“ im Kapitalismus die gesell-
schaftlichen Zustände und Entwicklungen entwickelter kapitalistischer Staaten
kritisch zu beschreiben versucht. Das Ziel der Kritik ist das Dasein der
Wertform selbst, die Verwandlung von konkretem Nutzen in ein abstraktes
Medium, das – weiterentwickelt zum „Kapital“ – Produktion, Konsumation und
fast alle Lebensbereiche bestimmt.
Die meisten Wertkritiker vertreten eine Zusammenbruchstheorie, die sie aus
der Marx’schen Schrift „Grundrisse zur Kritik der politischen Ökonomie“ ent-
nehmen: da nur die Arbeitskraft Wert und damit Mehrwert schafft, die kapitalis-
tische Produktionsweise aber durch die grenzenlose Steigerung der Arbeits-
produktivität immer mehr produktive Arbeit überflüssig mache, untergrabe der
Kapitalismus seine eigenen Existenzbedingungen.
Dies könne zwar durch Ausweitung der Produktion kompensiert werden. Ab
einem gewissen Punkt, der historisch im Aufkommen der Mikroelektronik in
den frühen 1970er-Jahren verortet wird, würden aber fortlaufend mehr produk-
tive Arbeitsplätze vernichtet als in neuen Sektoren neue Arbeitsplätze entsteh-
en würden. Die sich dadurch verstärkenden Probleme bei der „Verwertung des
Werts“, also der Bildung von Mehrwert, könnten eine Zeitlang durch (öffentli-
che oder private) Kredite („virtuelles Kapital“) verdeckt werden, welche ein
Wirtschaftswachstum aber nur simulieren könnten. Irgendwann müssten die
dadurch entstehenden Finanzblasen platzen. Die Finanzkrise 2008/2009 wird in
diesem Sinne gedeutet. Wichtige Vertreter dieser Richtung sind Robert Kurz,
Moishe Postone, Franz Schandl und Eske Bockelmann.
Gewerkschaften und Syndikalismus
Die gewerkschaftlichen Ansätze der Kapitalismuskritik beziehen sich in der
Regel auf die sozialistische Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse. Aller-
dings sind die Schlussfolgerungen und Forderungen aus gewerkschaftlicher
Perspektive eher auf eine reformistische Umsetzung einer gerechten Gesell-
schaft bedacht. Dazu gehört im Sozialstaatsmodell das Konsensprinzip, dem-
zufolge Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften als Verhandlungspartner
entsprechend dem Tarifvertragsgesetz in der Aushandlung von Tarifverträgen
eine Sozialpartnerschaft eingehen und damit eine Verantwortung für eine
friedliche gütliche Einigung in Konfliktfällen anstreben sollen. Dieser Ansatz
zielt in erster Linie auf einen pragmatischen, realistischen Ausgleich von
Interessen.
Gegen dieses Modell der Sozialpartnerschaft stehen kapitalismuskritische
Ansätze syndikalistischer und sozialistischer Gewerkschafter. Der Syndikalis-
mus propagiert die Aneignung von Produktionsmitteln durch die Gewerkschaf-
ten, die dann auch an Stelle politischer Stellvertreter die Verwaltung organisie-
ren. Ausreichende Stärke, um revolutionäre gesellschaftliche Veränderungen
durchsetzen zu können, hatten solche Strömungen beispielsweise im Spani-
schen Bürgerkrieg.
Gewerkschaften treten in vielen Ländern auch selber als Wirtschaftsakteure
auf, u. a. in den USA sind gewerkschaftlich organisierte Pensionsfonds und
Rentenkassen in ihrer Anlagepolitik auch wichtige wirtschaftliche Faktoren.
Kapitalismuskritik mit ökologischem Schwerpunkt
Seit der Entstehung der Umweltbewegung wird der Kapitalismus (bzw. der da-
mit gleichgesetzte Industrialismus) auch aus ökologischer Perspektive kriti-
siert. In diesem Rahmen stehen vor allem die Gewinnmaximierung und der
Zwang zum Wirtschaftswachstum in der Kritik, da darin ein Konflikt zwischen
wirtschaftlicher Entwicklung und ökologischer Stabilität gesehen wird....
Christliche und jüdische Kapitalismuskritik
Die christliche, insbesondere katholische Soziallehre etwa des Jesuiten Os-
wald von Nell-Breuning bemüht sich um eine übergeordnete Perspektive auf
die ganze Bandbreite des Zusammenlebens von Menschen. Dabei werden dem
Kapitalismus Grenzen durch eine Sozialethik gesetzt, die – neben theologisch-
en Vorgaben – die Prinzipien der Personalität, des Gemeinwohls, der Solidari-
tät und der Subsidiarität einbezieht....
Kapitalismus-Umfrage der BBC im Jahre 2009: Wie schätzt die Bevölkerung
verschiedener Länder die Zukunftsfähigkeit des Kapitalismus ein? Zum Teil
deutliche Kritik.
Die postmodernen Ansätze brechen mit der orthodoxen Kritik des Kapitalismus
als Wirtschaftssystem und verallgemeinern diese hin zu einer allgemeinen Kri-
tik von Herrschaftsverhältnissen.
Nach den enttäuschenden Erfahrungen mit dem Realsozialismus entstanden
infolge der 68er-Bewegung Strömungen einer postmodernen Philosophie (De-
konstruktivismus und Poststrukturalismus). Philosophen wie Gilles Deleuze,
Jacques Derrida und Jean Baudrillard setzten sich kritisch sowohl mit dem
Kapitalismus als auch mit den klassischen sozialistischen und kommunisti-
schen Ansätzen auseinander. Sie kritisierten nicht selten den Kommunismus,
besonders dogmatische marxistisch-leninistische Strömungen, und entwick-
elten darüber hinaus neue Sichtweisen.
Michel Foucault kritisiert den Kapitalismus einerseits als Freiheit begrenzende,
Gewalt ausübende Disziplinargesellschaft (Panopticon), andererseits mit sei-
nem Konzept der „Bio-Politik“, bei der das Subjekt und seine Lebensbedingun-
gen den Interessen der Herrschenden unterworfen werden: „Für die kapitalis-
tische Gesellschaft ist es die Biopolitik, die vor allem zählt, das Biologische,
Somatische, Körperliche“.
Jacques Derrida sagt, dass das von Liberalen verbreitete Reden vom Ende der
Geschichte nicht verbergen kann, dass es in der „kapitalistischen Weltord-
nung“ millionenfaches Leid und furchtbare Not für viele Menschen gäbe. Es sei
daher notwendig, Marx neu zu lesen, neu zu kritisieren und als Erbe den
Marxismus völlig neu zu entwickeln.
Jean Baudrillard wendet sich wiederum allgemein gegen positivistische
Geschichtsutopien (z. B. Faschismus, Kommunismus), aber er kritisiert den
globalen Kapitalismus als eine Form der „ungeheuren Gewalt“, welche „mehr
Opfer als Nutznießer“ schaffe und daher zivilisiert werden müsse, weil anson-
sten im Kapitalismus „jeder nichtmonetäre Wert aufgehoben“ werden würde.
„Die Abschaffung aller Regeln, genauer: die Reduzierung aller Regeln auf das
Gesetz des Marktes ist das Gegenteil von Freiheit – nämlich deren Illusion. So
altmodische und aristokratische Werte wie Würde, Ehre, Herausforderung, Op-
fer zählen darin nicht mehr.“
Gemäß der Kapitalismuskritik Baudrillards, die von der Sprachtheorie Ferdi-
nand de Saussures beeinflusst ist, entferne sich der Kapitalismus und seiner
Medienwirklichkeit von der Wahrheit und ermögliche so eine umfassende Mani-
pulation und Verführung des Konsumenten. Im Kapitalismus bilde sich ein
Raum „permanenter Simulation von Realität“, die in Hyperrealität münde.
Mit der zunehmenden Globalisierung der Waren- und Finanzströme nach dem
Zusammenbruch des Ostblocks formieren sich die kritischen Stimmen in viel-
fältigen globalisierungskritischen Bewegungen und Netzwerken. Sie konsta-
tieren beispielsweise im forcierten Streben nach Wettbewerbsfähigkeit zwi-
schen Staaten eine kritikwürdige „Beggar-thy-Neighbor-Politik“...
Anarchistische Kapitalismuskritik
Der Anarchismus geht davon aus, dass mit dem Kapitalismus Herrschaft von
Menschen über Menschen verbunden ist, aufgrund dessen sie ihn grundsätz-
lich ablehnen. Der Kapitalismus bedarf in ihren Augen eines Wohlstands- und
Machtgefälles innerhalb der Gesellschaft, um zu funktionieren.
Anhänger des kommunistischen Anarchismus fordern einen vollständigen
Bruch mit dem Kapitalismus und die Abschaffung des Geldes. Die direkte
Entlohnung soll ersetzt werden durch den freien Zugang zum gemeinsamen
Arbeitsprodukt.
Peter Kropotkin, als einer der bedeutendsten Theoretiker des kommunisti-
schen Anarchismus, wendet sich gegen den ökonomischen Wert im Allge-
meinen; sei es Geld, Arbeit oder Ware. Er sieht das Privateigentum als Grund
für Unterdrückung und Ausbeutung und schlägt stattdessen eine umfassende
Kollektivierung vor.
Individualistische Anarchisten definieren Kapitalismus als eine Marktwirt-
schaft, in der sich privilegierte Gruppen mit Hilfe von staatlichen Interventio-
nen auf Kosten der übrigen Gesellschaft bereichern und dadurch zu Reichtum
gelangen.
Im Kapitalismus würden Gruppen derjenigen, die großen Einfluss auf den Staat
besäßen, mit Hilfe des Staates Rahmenbedingungen schaffen, die ihnen einen
wirtschaftlichen Gewinn verschafften. Die sich aus dem geschaffenen Rahmen
ergebenen Kosten sowie die Kosten zu Aufrechterhaltung der Rahmenbeding-
ungen würden dabei zu einem großen Teil auf andere Gesellschaftsmitglieder
abgewälzt. Jedes Übel des Kapitalismus werde so durch staatliche Eingriffe er-
zeugt.
Kritisiert werden die schädliche Partnerschaft zwischen Staat und Großunter-
nehmen, wobei der Staat zugunsten einflussreicher Unternehmen oder Organi-
sationen interveniert (wie z. B. bei der Militärindustrie, im Bank- und Versicher-
ungswesen oder im Pharmabereich,) und diesbezügliche Privilegien und Mono-
pole, unter anderem Geld-, Boden-, Zoll- und Patentmonopole.
Im Mai 2016 organisierte das Haus Bartleby, Zentrum für Karriereverweigerung,
überwiegend in Wien das Kapitalismustribunal, welches die Frage stellte: „Ist
Kapitalismus ein Verbrechen?“ Das Tribunal wollte auch auf Grund spezifi-
scher Falldarstellungen und Anklagen eruieren, „was in der Ökonomie nie wie-
der geschehen darf“. Für November 2016 sind die Verkündigung der Urteile
und eine Wiener Deklaration angekündigt.
Freiwirtschaftliche und anthroposophische Kapitalismuskritik
Die von Silvio Gesell begründete Theorie der Freiwirtschaft definiert Kapita-
lismus als ein System, in dem die Möglichkeit besteht, sich allein durch den
Besitz von Geld oder Boden ein arbeitsfreies Einkommen (Kapitaleinkommen)
auf Kosten der Mehrarbeit anderer zu verschaffen. Aus diesem Grund wird
auch der Kommunismus als Form des Kapitalismus (Staatskapitalismus)
angesehen.
Ein großes Problem des Kapitalismus sei, dass nicht benötigtes Geld durch
seinen jeweiligen Besitzer beliebig „zurückgehalten“ (also aus dem Umlauf
genommen) werden könne, ohne dass er dadurch benachteiligt würde. Laut der
Theorie der Freiwirtschaft falle die Rendite bei steigender Kapitalausstattung.
Eine Investition, deren Rendite unter der Liquiditätsprämie des Geldes ist, loh-
ne sich nicht, und langfristige Investitionen würden unterbleiben (Liquiditäts-
falle).
Freiwirtschaftliche Ansätze fanden nur geringe Umsetzung bei Versuchen zur
Freigeldwirtschaft und den sogenannten Tauschringen, aber spielen bis heute
eine starke Rolle bei Konzepten des kommunalen Wohnungsbaus.
Die von Rudolf Steiner begründete Anthroposophie hatte wichtige Einflüsse
auf die alternativen, nichtkapitalistischen Wirtschafts- und Lebensweisen.
Anthroposophische Gesellschaftsentwürfe wie die Soziale Dreigliederung
Steiners forderten eine zunehmende Einbeziehung von Betrieben in kollektiver
Selbstverwaltung wie auch eine stärkere Ausrichtung der Gesellschaft nach
künstlerisch ästhetischen statt kapitalistischen Vorgaben (vgl. Soziale Plastik
Joseph Beuys').
Neben etlichen anthroposophisch beeinflussten „alternativen“ Organisationen
und Wirtschaftsverbänden (so im Schulwesen, der Heilkunde und Landwirt-
schaft) stellt die anthroposophische GLS Gemeinschaftsbank auch eine wichti-
ge wirtschaftliche Grundlage für die Alternativbewegung dar. Sie ermöglichte
unter anderem die (zeitweilige) Begründung der Ökobank und der alternativen
Beratungs- und Finanzierungsgenossenschaft Oekogeno.
Nationalsozialistische und spätere rechtsextreme Kapitalismuskritik
Gottfried Feder, ein Wirtschaftstheoretiker und Politiker der DAP und NSDAP,
forderte 1919 „unter der Parole Brechung der Zinsknechtschaft die Verstaat-
lichung der Banken und die Abschaffung des Zinses“.
Feder unterschied zwischen einem „schaffenden“ Kapital (Gewerbe- und
Agrarkapital) und einem „raffenden“ Kapital (Handels- und Finanzkapital). Das
schaffende Kapital diene dabei Volk und Vaterland, während das raffende Kap-
ital, das er vor allem mit dem Judentum assoziierte, rein egoistische Ziele
verfolge.
Weiter ging die Kapitalismuskritik der Gruppe um Otto Strasser. Strasser hielt
den Nationalsozialismus vor allem „für die große Antithese des internationalen
Kapitalismus, der die vom Marxismus geschändete Idee des Sozialismus als
der Gemeinwirtschaft einer Nation zugunsten dieser Nation durchführt und
jenes System der Herrschaft des Geldes über die Arbeit bricht.“
Forderungen dieser Strömung waren u. a. die Verstaatlichung von Industrie
und Banken sowie eine enge Anlehnung Deutschlands an die Sowjetunion.
Beim Röhm-Putsch wurden zentrale Vertreter dieser antikapitalistischen Strö-
mung innerhalb der NSDAP ausgeschaltet und spielten fortan keine Rolle mehr
in dessen Politik. Faktisch zeigten sich im „Dritten Reich“ denn auch enge Ver-
knüpfungen zwischen den politischen Machthabern und der privatwirtschaft-
lichen Großindustrie, wovon die IG Farben nur das bekannteste Beispiel ist.
Einige Elemente nationalistischer Kapitalismuskritik wie die Verschwörungs-
theorie von den USA als einer von der „jüdischen Ostküste“ beherrschten Na-
tion wurden auch übergreifend weiter verwendet, ebenfalls von Rechtsextre-
men in den USA (etwa in der American Nazi Party).
Seit dem Amtsantritt von Udo Voigt als Vorsitzender der rechtsextremen Na-
tionaldemokratischen Partei Deutschlands 1996 entwickelte sich diese zu einer
aggressiv-antikapitalistischen Kraft und öffnete sich verstärkt neonazistischen
Positionen.
Versuche, eine Kapitalismuskritik mit rechten Elementen (Querfrontansätze) zu
verbinden, werden vor allem in Russland unternommen, so etwa vom promi-
nenten Schriftsteller Eduard Weniaminowitsch Limonow.