Georg Vobruba sieht bei Einführung eines garantierten Grundeinkommens in
drei Bereichen neue Kontrollnotwendigkeiten:
Der Kreis der Berechtigten: Diese Variante des Kontrollproblems ergibt sich
aus dem Zielkonflikt zwischen der Allgemeinheit eines garantierten Grundein-
kommens und verteilungs- und sozialpolitischer Effizienz. Zwischen diesen
beiden – und damit über das Ausmaß des Kontrollaufwandes – muss entschie-
den werden; und zwar etwa anhand der folgenden Fragen:
Wie werden Familien mit einem sehr guten Alleinverdiener und mehreren Nicht-
verdienern behandelt?
Wie werden Einkommen aus Vermögen berücksichtigt? Welche biographi-
schen Sonderlagen (Behinderung, Krankheit etc.) werden als Anlass für
zusätzliche Unterstützung anerkannt?
Soll das garantierte Grundeinkommen jedermann zustehen oder will man es an
Voraussetzungen: Staatsbürgerschaft, Vorliegen einer Arbeitserlaubnis, Dauer
des Aufenthalts knüpfen? Die erste Variante zieht rigide Kontrollen des Zuzugs
von Ausländern nach sich, die letztere Variante erfordert bürokratische Über-
prüfung der Anspruchsvoraussetzung.
Die Mittelverwendung: Es muss entschieden werden, ob ein garantiertes
Grundeinkommen selbst bereits das letzte Netz sozialer Sicherung abgeben
soll oder ob es durch eine „tiefer“ gespannte Sozialhilfe ergänzt wird.
Im ersteren Fall entsteht die Frage, wie man mit Anspruchsberechtigten, die
nachweislich nicht in der Lage sind, mit dem Geld vernünftig zu wirtschaften,
umgehen soll.
Soll die Auszahlung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in Gütern (des
täglichen Bedarfs) erfolgen? Oder soll die Auszahlung in kleinen Raten statt-
finden? Welche Instanz prüft die Voraussetzungen für einen solchen – vor
„Selbstschädigung“ bewahrenden – Auszahlungsmodus? Und wer leitet ihn
ein? Immerhin bedeutet dies nicht weniger als eine ökonomisch (Teil-)Entmün-
digung.
Wird dagegen eine subsidiäre Sozialhilfe beibehalten, so verzichtet man auf
einen – möglicherweise erheblichen – sozialpolitischen Rationalisierungseffekt
und auf politische Bündnisgenossen, die daran besonders interessiert sind
und ein garantiertes Grundeinkommen dabei gleichsam in Kauf nehmen
würden.
Die Sicherung der Finanzierung: Mit der Einrichtung eines garantierten
Grundeinkommens entsteht in jedem Fall ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf
des Staates. Dadurch verschärft sich auch in jedem Fall das Problem der Kon-
trolle von Steuerhinterziehung.
Wo diese Kontrolle anzusetzen ist, hängt davon ab, wie das Steuersystem
gestaltet wird: ob es bei der derzeitigen Steuerstruktur bleibt oder ob es zu
zusätzlichen Besteuerungen, etwa einer Wertschöpfungssteuer kommt.
(vgl.Wilhelm Adamy, Gerhard Bäcker, „Der Maschinenbeitrag – ein Allheilmittel für
Rentenfinanzierung und Arbeitsmarkt?“, in WSI-Mitteilungen: Zeitschrift des Wirt-
schafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung (1985),
S.24-33)
Dagegen ändert sich die Kontrollnotwendigkeit mit der Art des garantierten
Grundeinkommens kaum. Tatsächlich beseht zwischen einer negativen
Einkommenssteuer und einer Sozialdividende kein wesentlicher Unterschied.
In beiden Fällen wird das Gesamteinkommen mit zunehmender Höhe im Effekt
zunehmend belastet.
Bei der negativen Einkommenssteuer ergibt sich das aus den Abschlägen auf
den arbeitsunabhängigen Höchstbetrag, die entsprechend dem Arbeitseinkom-
men erfolgen. Bei der Sozialdividende ergibt sich derselbe Effekt, wenn das
Gesamteinkommen, also: Sozialdividende und Arbeitseinkommen, der Steuer-
progression unterworfen wird.
Nun wäre es auch denkbar, die Sozialdividende von der Besteuerung auszu-
nehmen. Dies hätte allerdings zur Folge, dass – mit Rücksicht auf die Finan-
zierbarkeit des Systems – schon geringe Arbeitseinkommen recht hoch be-
steuert werden müssten. Damit aber wird die Aufnahme gerade von gering
dosierter Arbeit unattraktiv und unterbleibt. Es öffnet sich also die Armutsfalle.
Eine hohe Anfangsbesteuerung von Arbeitseinkommen ist arbeitsmarktpo-
litisch, sozialpolitisch und gesellschaftspolitisch schädlich. Eine steuerfreie
Sozialdividende und eine niedrige Besteuerung der Arbeitseinkommen im
unteren Bereich ist finanziell illusorisch. – Man muss sich also den Kontroll-
erfordernissen, die sich aus einer Staffelung des garantierten Grundeinkom-
mens – egal ob als negative Einkommenssteuer oder als in die Steuerpro-
gression einbezogene Sozialdividende – ergeben, stellen.