Bei der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens sollte es
gemäß Vobruba nicht darum gehen, die Zuteilungsfunktion des Arbeitsmarktes
zu ersetzen, sondern diese zu ergänzen: „Damit setzt man sich zugleich von
Positionen ab, die etwa von Popper-Lynkeus und Adler-Karlsson vertreten
werden. Ihnen geht es um die Errichtung eines gesellschaftlichen Mehr-Sek-
toren-Modells, in dessen einem Sektor der Arbeitsmarkt außer Kraft gesetzt
wird.“ Das heißt, der Arbeitsmarkt soll durch eine „Arbeitspflicht für alle“ bzw.
den Dienst in der „Nährarmee“ ersetzt werden.
Der Grundeinwand gegen diese Modelle lauten, „dass sich die Sektoren
dauerhaft gegeneinander nicht sauber abgrenzen lassen, sondern die
Maktsteuerung mit der Zeit ganz verdrängt wird und sich ein allgemeines
bürokratrisches Bewirtschaftssystem mit all den bekannten Nachteilen
etabliert.“
Soll diese Gefahr vermieden werden, so muss gemäß Vobruba der Arbeits-
markt nicht ersetzt, sondern ergänzt werden. Dabei plädiert er für eine
„Dosierbarkeit des Arbeitsmarkt-Entlastungseffekts“:
Er führt dazu aus: „Es ist zu erwarten, dass das Angebot an Arbeitskraft mit
der Einführung eines garantierten Grundeinkommens zurückgeht. Ein solcher
Rückgang ist arbeitsmarktpolitisch erwünscht – und zwar im Umfang der Ar-
beitslosigkeit.
Das Ausmaß des Rückgangs hängt selbstverständlich von der Höhe des ga-
rantierten Grundeinkommens ab. Aber der Rückgang wird bei jeder Einkom-
menshöhe vermutlich geringer sein, als allgemein - und vor allem von konser-
vativen Kritikern – angenommen wird. Denn zum einen ist mit einkommens-
unabhängigen Arbeitsmotiven zu rechnen, die heute entweder verdeckt sind
(das ist der Fall bei gut bezahlter Arbeit, die man auch bei geringerem Entgelt
leisten würde) oder die unterdrückt werden (das gilt für Arbeitswünsche nicht
Berufstätiger, die nicht – oder kaum – materiell bedingt sind). Und zum anderen
ist es die Ausgestaltung des garantierten Grundeinkommens selbst, die
drastische Einbrüche verhindert.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn man dem zweiten Kriterium folgt: dem Ver-
meiden der Armutsfalle. Die Armutsfalle entstünde dann, wenn das garantierte
Grundeinkommen so organisiert wäre, dass bei geringfügigem bis mäßigen
Arbeitseinkommen gleich das gesamte Transfereinkommen gestrichen wird.
Das ist ein wesentlicher Konstruktionsfehler der derzeitigen Sozialhilfe. Da-
durch entsteht für den Einzelnen ein „Sprungbereich“, in dem sich die Arbeits-
aufnahme absolut oder relativ nicht lohnt.
Die Arbeit lohnt „absolut“ nicht, bedeutet, dass das Arbeitseinkommen niedri-
ger ist als das garantierte Grundeinkommen.
Die Arbeit lohnt „relativ“ nicht, bedeutet, dass das Arbeitseinkomme zwar das
arbeitsunabhängige übersteigt, dass aber die materiellen und immateriellen
Kosten der Arbeitsaufnahme diesen positiven Saldo überwiegen.
Diesen „Sprungbereich“ zu überwinden, also: eine Arbeit zu finden, die aus-
reichend mehr abwirft als das garantierte Grundeinkommen, wird häufig jen-
seits der Möglichkeiten des Einzelnen liegen. Damit entsteht die irrationale
Situation, dass die Arbeitsaufnahme trotz des Wunsches nach Arbeit und
(Zu-)Verdienst unterbleibt.
Dies ist die Armutsfalle. Sie droht – das ist leicht vorauszusehen – den minder
Qualifizierten, denen also, denen das garantierte Grundeinkommen gerade
Chancen bieten sollte.
Wenn man die Armutsfalle nicht vermeidet, wird ein garantiertes Grundein-
kommen also nicht nur arbeitsmarktpolitisch problematisch, sondern auch
sozialpolitisch kontraproduktiv.
Es müssen daher arbeitsunabhängige und Arbeitseinkommen kombinierbar
gemacht werden. Dies muss derart geschehen, dass die Minderungen des
arbeitsunabhängigen Einkommens bei Arbeitsaufnahme geringer sind als die
Zuverdienste, dass also der Saldo ausreichend positiv ist. Mit anderen Worten:
Das garantierte Grundeinkommen muss so organisiert sein, dass sich die
Leistung – gerade im unteren Einkommensbereich – lohnt.