Ein Jahr Javier Milei – was hat seine ultra-libertäre
Politik gebracht?
Argentinien steckt schon seit Jahren in einer schweren Wirt-
schaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei über 280 Prozent, und das
Land steuert auf eine Rezession zu. Die zweitgrößte Volkswirtschaft
Südamerikas leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer
Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die
dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht.
Vor rund einem Jahr ist Javier Milei zum Präsidenten gewählt wor-
den. Er hatte im Wahlkampf versprochen, die Staatsausgaben radikal
zu kürzen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln…
Doch wer ist Javier Milei, welche Ideologie treibt ihn an ...?
Leider habe ich momentan nicht die Zeit, detailliert auf dieses Thema
einzugehen. Einen guten Einblick in das Wesen und Denken des Extrem-
politikers gibt das Buch „Die Ära Milei“ von Philipp Bagus …
Hier das Wichtigste dazu: Milei ist zwar einerseits gegen den „linken
Wokeismus“ und tritt auch gegen Klimamaßnahmen auf - wofür er
vor allem von rechtsgerichteten Parteien und Politikern gefeiert wird.
Andererseits bezeichnet er sich aber auch selbst als „libertär“ und als
„Anarchokapitalist“…
Das bedeutet: Mileis radikale Ideologie will den Staat so weit wie
möglich abbauen und zerstören, denn dieser schränkt angeblich mit
seinen Vorschriften und Regelungen die Freiheit des Individuums, vor
allem aber das Unternehmertum, ein …
Kurz zusammengefasst geht es bei Mileis extremer libertären Ideologie
darum, dass der Staat und Politiker perse schlecht – Unternehmer
und das Unternehmertum hingegen sind angeblich (immer) gut und
förderlich für die Gesellschaft und das Allgemeinwohl. Er bezeichnet
Unternehmer sogar als „Helden“, weil erfolgreiche Firmen und Konzer-
ne dafür sorgen würden, dass die Bedürfnisse der Menschen befriedigt
werden.
Milei vergisst dabei aber offenbar, dass es auch Firmen- und Konzern-
chefs gibt, die nur die eigene Bereicherung im Auge haben und de-
nen das Wohlergehen ihrer Arbeiter und Angestellten ziemlich wurscht
ist – und sie diese auch entsprechend behandeln. Nicht umsonst haben
sich zu Beginn des Industriezeitalters Gewerkschaften gebildet, um
Arbeitnehmerrechte durchzusetzen und zu verteidigen. Und was die
„Bedürfnisbefriedigung“ der Konsumenten betrifft, sollte man beispiels-
weise auch an die aggressiven, manipulativen Werbepraktiken den-
ken, mit Hilfe derer Menschen dahin gehend manipuliert werden sollen,
auch Produkte zu kaufen, die sie eigentlich gar nicht benötigen oder die
sogar schädlich für sie sind … !!! (also, „Unternehmer“ als „Helden“
darzustellen, die frei von jeglichem Eigennutz sind und nur Gutes be-
wirken, ist schon etwas gewagt…)
Wie ist nun die Bilanz nach einem Jahr der Regierung von Javier
Milei? Hat er seine Wahlversprechen gehalten? Und geht es den
Argentiniern jetzt wirklich besser …?
Ja, Javier Milei hat einerseits „geliefert“. Wirtschaftlich geht es Argen-
tinien etwas besser. Die Hyperininflation ist bezwungen, Unternehmen
sprechen von mehr Aufträgen. Doch um welchen Preis? Jetzt gibt es
noch mehr Armut und Arbeitslosigkeit - und er hat auch ein paar
wesentliche Wahlversprechen nicht eingehalten
Resumee: Es ist zwar gut und zu begrüßen, dass Milei den „Wokeis-
mus“ bekämpfen will und gegen den „Klimawahn“ und Corona-Maß-
nahmen auftritt. So bezeichnete er diese in einer Rede bei der UN-Voll-
versammlung im September als „Verbrechen gegen die Menschlich-
keit“…
Auch seine Ansichten zur Klimapolitik sind durchaus
richtig und erwähnenswert …
Was die linke „Woke-Bewegung“ betrifft, hat er zu einem „Kultur-
kampf“ dagegen ausgerufen, in dessen Fokus die politische Linke steht
– aber auch Minderheiten, Wissenschaftler, Frauenrechtlerinnen, Um-
weltschützer und Journalisten, die er als "Verbrecher mit Mikrofon"
bezeichnet, werden von ihm zu Feindbildern erklärt.
Außerdem fördert seine extremistische Haltung auch in der Bevöl-
kerung ein asoziales Denken: So sieht beispielsweise Firmenchef
Mariano Lopez all die Entlassungen, die abrupten Veränderungen und
harten Worte durchaus kritisch, der Weg aber sei im Grundsatz richtig:
Endlich werde wieder der Fleißige belohnt: Die Selbstbedienungs-
mentalität von Politikern, Bürokraten, von sozialen Institutionen
und so manchem Mitbürger sei Geschichte.
Gleichzeitig sagt er aber auch: „Meine Mutter hat ihr Leben lang ge-
arbeitet, warum soll ich mit meinen Steuern für irgendeine Frau
zahlen, die sich nur um ihre Kinder gekümmert hat, statt zu arbeiten?
Wenn ihr jetzt die Rente fehlt, ist das nicht mein Problem.“…
Mit anderen Worten: Argentinien ist vom „linken Sozialismus“, bei
dem alles der Staat regelt, in das andere (extreme) Gegenteil ge-
schlittert. Alles Extreme ist jedoch schlecht - es ist immer der aus-
gewogene „Weg der Mitte“, der zu den „richtigen“ Ergebnissen
führt.
Anders formuliert: der (freie) Markt regelt nicht alles – auch der
Staat ist wichtig. Gewisse Bereiche, die für das allgemeine Wohl und
die grundlegendsten, existenziellen Bedürfnisse der Menschen
(und dazu gehören beispielsweise auch Asylsuchende….) wichtig sind,
wie Wohnen, Nahrung (es sollte niemand hungern müsen), Arbeit (je-
der Mensch hat ein Recht auf Arbeit, wenn ihm das nicht möglich ist,
müsste der Staat einspringen ….!!). Auch die Gesundheitsversorgung
der Bevölkerung (Krankenhäuser, Arztpraxen etc.) sollte nicht von ge-
winnorientierten Untehrnehmen übernommen werden, sondern in „staat-
licher Hand“ bleiben, die am Allgemeinwohl orientiert ist. Ebenso die
Infrastruktur, Verkehrsmittel etc. … (Übrigens eine alte „Binsen-
weisheit“, aber die kommt aktuell offenbar immer mehr abhanden …)
Außerdem zeichnet sich in Argentinien nun auch noch eine andere
Gefahr ab: Die Regierung von Präsident Javier Milei hat im Dezember
das Gesetz für Innere Sicherheit, das den Einsatz des Militärs nur
bei Bedrohungen von außen zuließ und diesem im Land sehr enge Gren-
zen setzte, per Dekret geändert. Damit wird die Verwendung des Mi-
litärs bei "inneren Gefahren" ermöglicht. Die Überarbeitungen wur-
den ohne Befragung des Kongresses durchgesetzt.
Amnesty International (AI) wies zudem in einem vor kurzem veröffent-
lichten Bericht außerdem auf die übermäßige Gewalt hin, die seitens
der Regierung Milei gegen soziale Proteste angewendet wurde …
Im Übrigen fördert auch eine Senkung von STEUERN – wie das aktuell
auch innerhalb der EU in vielen Ländern vermehrt gefordert wird - sozi-
ale Ungleichheit. Sozialexperten raten hingegen neben VERMÖGENS-
STEUERN auch dazu, STEUEROASEN trocken zu legen sowie eine
Entlastung des Faktors ARBEIT und gleichzeitig auch mehr Gerech-
tigkeit in diesem Bereich …
7.01.2025
letzte Änderung: 8.01.25
Argentinien
Javier Milei wurde
am 10.12.2023
zum Präsidenten
gewählt …
Javier Milei -
was brachte seine
„Schocktherapie“?